Über den Künstler Freunde, Kunsthistoriker, Zeitgenossen...

 

Das Thema der Farben — die Frage, wie man es anstellt, „ein Bild anzufangen und sich dann nicht hinterm Ohr zu kratzen“ — beschäftigte Dmitri Schuwalow noch zu Studienzeiten. Er erzählte, wie er sich damit abquälte, die richtigen Farben zu wählen, um die Wangenröte eines jungen Modells wiederzugeben, und der Lehrer brachte den Effekt im Handumdrehen zustande, indem er statt teuren Farben (Kadmium und Krapplack) bescheidenes englisches Rot nahm. „Das trug sich so leicht auf, dass es schien, in der Wange pulsiere das Blut”!

Dieses Erlebnis war der Anstoß zu ernsthaften Studien der Theorie der Maltechnik. Schuwalow machte sich in der Literatur und in den Bildern der alten Meister auf die Suche nach Antworten auf seine Frage. Er dachte darüber nach, wie die alten Meister selbst lernten und lehrten. Sie hatten doch als Lehrlinge angefangen, hatten alle Etappen der Arbeit ihres Lehrers gesehen und die „schmutzigste Arbeit“ ausgeführt: Farben gerieben, Tafeln und Leinwände vorbereitet, Leim gekocht, grundiert, kopiert… Sie kannten die Farben „durch und durch“. Wir aber haben fertige Farben, der Meister schafft bei sich im Atelier und gibt nur sehr selten Einblick in seine Geheimnisse und Rezepte. Der Schüler, besessen und in die Natur verliebt, lässt alles fahren, in dem Versuch, die in seiner Phantasie lebenden Bilder empirisch, mit der Versuchs-und-Irrtum-Methode, zu erreichen; „mit den Därmchen“ gelingt ihm endlich ein ihn nicht ganz zufriedenstellendes Resultat und er beendet — „um sie nicht um die Ecke zu bringen“ (ein Ausdruck von D. S.) — die Arbeit.

Schuwalow liebte es, die Malerei mit der Musik zu vergleichen. Ja, da gibt es Noten, Tempi, die Stimmgabel, Oktaven und so weiter, und bei uns? Bei uns in der Malerei gibt es sieben Farben, ist das etwa keine Oktave — sieben Töne? Und eine weiße Leinwand oder Papier, das Gold der Palette oder, sagen wir, ein Lichtfleck — ist das keine Stimmgabel?! Eine Schachtel mit Aquarellfarben bezeichnete er feierlich als „ihr Klavier“. Er rief dazu auf, „die Farbe zu hören“. Zum Beispiel Schwarz mit Kadmium hören, mit Orange, mit „Zitrone“ oder irgendeine andere Mischung oder Farbe… Elfenbein gebrannt. Dmitris so zärtlich geliebte Farbe! Wenn er von ihren Vorzügen sprach, nannte er sie zärtlich Beinchen. Alle seine Murmansker Studien malte er auf Schwarz, alles hellste darin— Himmel und Wasser, den weißen nordischen Himmel spiegelnde nasse Stege, den Glanz der Fische in Karren und Fässern, die Lichtflecke auf den Schürzen der Fischerinnen, das Weiß der Schlepper im Licht — also das Licht auf Weiß. Das Dunkle im Licht wurde mit Ultramarin gemacht, das durch dunkelblaues mittleres Kobalt farbiger wird. Die Schatten — wenn einfach, dann mit natürlichem Leningrader Umbra — noch eine Lieblingsfarbe, die er sehr schätzte; wenn es schwieriger wird — mit Pariser Dunkelblau oder Berliner Lasurblau, gemischt mit Goldocker und Krapplack oder mittlerem oder dunklem Gelbkadmium. Das Pariser Dunkelblau gab es in Blechbüchsen. Wir gossen sie auf Zeitungen, um sie vom überschüssigen Öl zu befreien und eine annehmbare Paste zu erhalten, ansonsten hätte die Farbe auf der Palette getropft... Wir füllten sie in leere Tuben. Später erfuhren wir, dass Pjotr Kontschalowski seine Farben selber herstellte, indem er sie in Papiertuben füllte. Wie leicht wurde dadurch der Farbkasten!

Das Thema „Malerei wie eine Wissenschaft“ bewegte Schuwalow ununterbrochen, aber sein logisch angelegtes System hat er nicht so genannt. Seine persönliche Bescheidenheit mag der Grund dafür sein. In allen Arbeiten sieht man die Reinheit eines jeden Pinselstrichs; die Pinselführung ist fest und sicher, geführt von einem hohen Geist, einem hohen Verstand, einem hohen Geschmack, das ist „Begeisterung, Drang und Kulturgespür“! (M. Wrubel). Schuwalows künstlerische Malmethode kristallisierte sich nach und nach heraus, sie entstammt aber der „berüchtigten“ Dreifarbigkeit. Mit Blau ist alles klar. Rote Erden, rotes Kadmium, rote Krapplacke u. Ä.; gelbe Erden, gelbes Kadmium — da sind sie, diese drei Farben! Nimm sie, mische sie, wie in der Musik, nimm Akkorde, aber mische nicht mehr als drei, Weiß ausgenommen und Schwarz, wenn es als neutrale Farbe gebraucht wird, sonst kriegst du Schlamm (Dreck).

Über Dmitri Schuwalow könnte man endlos reden — von seiner Begabung, seiner Schönheit, seiner Güte, seiner Stimme und von seiner Fähigkeit, die Menschen zu lieben (er wiederholte oft: „Ich bin ein Alkoholiker der menschlichen Beziehungen“.), aber ich möchte besonders hervorheben, dass er für die Farbe „das absolute Gehör“ besaß!!!

In Liebe und Achtung Ge