Über den Künstler Freunde, Kunsthistoriker, Zeitgenossen...

 

Ich habe mit Dmitri Schuwalow 17 Jahre an der Leningrader Muchina-Hochschule für Industriekunst (LWChPU) am Lehrstuhl für Zeichnung zusammengearbeitet, von 1973 bis 1990. Beruflich und geistig kamen wir uns nicht sofort näher. Ich war ein junger Dozent, und auch Schuwalow hatte gerade seine Arbeit am Lehrstuhl aufge- nommen. Obwohl er, wenn ich mich nicht irre, schon einige pädagogische Erfahrung im Gepäck hatte. Seine stattliche Figur, die in Manchem an Max Woloschin erinnerte, zog sofort die Aufmerksamkeit auf sich. Außerhalb des Unterrichts nach Stundenplan konnte er jeden anhalten: einen Studenten oder einen Lehrerkol- legen, und sofort, auf der Stelle, auf einem Stück Papier etwas zeichnen, um zu zeigen, dass man Architektur un- bedingt von einem niedrigen Horizont aus darstellen und in einer Landschaft mehr Platz für den Himmel lassen muss. Später habe ich seine Ölbilder und Aquarelle gesehen und viel begriffen.

Einmal habe ich mich schlecht verhalten. Ich musste ein Lehrprogramm zur mir damals erst wenig vertrauten Farbenlehre zusammenstellen. Ich ging zu Schuwalow ins Atelier (es war immer zu jeder beliebigen Zeit für jeden offen) und provozierte ihn zu einem Gespräch zu dem mir nötigen Thema. Ich denke, er hat das genau begriffen, aber er legte mir ausführlich seine Ideen dar, und ich versuchte, alles zu behalten und aufzuschreiben. Schuwalow war, wie es heißt, ein Maler von Gottes Gnaden. Vor dem Hintergrund vieler heutiger Werke, die weniger Malerei als kolorierte Graphik oder Kollagen oder sonst etwas in dieser Art darstellen, sind seine Arbeiten wirklich malerisch, denn ihnen liegen warm-kalte Farbverhältnisse zugrunde. Ich versuche auch jetzt, dies meinen Kunstgeschichts-Studenten zu vermitteln, aber ohne praktische Erfahrung ist es schwer zu verstehen, warum, wenn die Farbe kalt ist, der Schatten warm sein muss und umgekehrt. Aber darin liegt das ganze Geheimnis der Kunst der Malerei!